Viehfutter für Gourmets
Ultimative Sirup-Blends – Brausirup Teil 3
So ein belgisches Quadrupel ist etwas feines. Als Weihnachtsbier wird es auch oft umgedeutelt. Vermutlich um sich Rechtschreibfehler und Lacher zu ersparen. So ein belgisches Quadrupel ist exklusiv wie ein großer Wein zu speziellen Anlässen. Ein Bolide, mit einem großen Körper. Verkostungsnotizen in einschlägigen Foren und Blogs vermögen die die Begeisterung kaum zu zügeln. Da ist von Aprikosen, Lakritz und Marzipan die Rede, bemüht wird der Geruch von Trockenpflaume und Rosine, mit einem Hauch von Säure, würzige Noten von Nelke und Muskat. Dann der Antrunk: Spritzig und süß, mild und ohne Bitterstoffe mit viel Frucht im Abgang. Das alles bei zehn Prozent und mehr.
Die Sonderlinge Lakritz und Marzipan, das können nur Melasse und Blackstrap. In einem Bier sind diese Aromen wie von einem anderen Stern. Malz kann so etwas nicht, Hefe kann das nicht, auch kein belgischer Kandissirup nicht – keiner von denen „kann Lakritz“. In diese Geschmackshöhe kragt nur Melasse und Blackstrap hinein. Dabei ist dieses Zeug eigentlich ein Abfallprodukt, Viehfutter. Perlen vor sie Säure, sagt der Volksmund: Verschnitten mit Brewers Invert macht Melasse & Co einen Brausirup der anderen Art.
Ein Sonderling unter Sonderlingen ist dabei Blackstrap oder Schwarzbandsirup. Er ist eine Melasse dritter Ordnung, drei Mal raffiniert. Er hat all dieses, vor dem man man sonst bei der Zuckerherstellung gewarnt wird: Er ist bitter, schmeckt verbrannt und wird doch geliebt. Was soll das alles, wie kann das sein?
Melasse
Zunächst ist Melasse ein dicker, dunkelbrauner Saft, der während der Raffinierung aus Rohzucker gewonnen wird. Melasse hat immer noch einen Zuckergehalt von 70 %, darunter Saccharose und Invertzucker, der Rest ist anorganischer Nichtzucker.
Melasse kann in verschiedene Gruppen eingeteilt werden, je nachdem, wie oft der Sirup gekocht wurde und welche Zutaten darin enthalten sind. Es handelt sich um helle und dunkle Melasse, Blackstrap-Melasse, geschwefelte und nicht geschwefelte Melasse. Diese Arten von Melasse variieren wiederum je nach Zuckermenge, Extraktionsmethode und Herkunft.
Blackstrap
Mit weiterem Kochen kann Melasse noch stärker konzentriert werden, so dass die thermische Zersetzung ihre restlichen Zucker zu einem schwarzen, bitteren und geradezu salzigen Schlamm verkohlt. Dieser Schlamm ist Blackstrap. Er hat einen Zuckergehalt von nur 45 Prozent und ist eine Melassekategorie, die überwiegend im angelsächsischen Ländern nach dem dritten Kochen hergestellt wird. Er ist stark bitter, dick und extrem dunkel. Aufgrund seines bitteren Geschmacks wurde Blackstrap ursprünglich nur als Viehfutter vertrieben, ehe er in urbanen Lebensräumen zum Premiumprodukt hochgejazzt wurde. Tatsächlich enthalten diese dicken Melassen den höchsten Eisen-, Vitamin- und Mineralgehalt, da sie durch die drei Siedepunkte am stärksten konzentriert wurden. Diese Mineralität, die sich aus Vitamin B5, Calcium, Phosphor und Magnesium zusammensetzt, macht letztlich den Geschmack aus.
Ritterschlag
Blackstrap muss zugekauft werden, die Herstellung überschreitet die Möglichkeiten der heimischen Kochnische. Um Rezepturen und Geschmack wird dabei ein ähnlicher Bohei gemacht wie bei der Ur-Coca-Cola, und die Fanboys streiten, welcher Blackstrap denn nun der bessere sei.
In Deutschland ist Blackstrap einfach nur schwer zu bekommen – Reformhaus, sonst Online-Warenhaus. Soviel lässt sich sagen: Die Unterschiede zwischen den Marken sind wahrnehmbar. Zur Erinnerung: Es geht um das Lakritzaroma.
Gängige Marken sind:
- Meridian Organic Blackstrap (Bio)
- Plantation Blackstrap Melasse
- Golden Barrel Blackstrap
Stubbys Anspruch ist es selbst einen reproduzierbaren Verschnitt herzustellen. Dazu hat er je einen Brewers Invert No.1, No.2 und No.3 hergestellt, farblich unterschieden mit 25, 65 und 135 EBC, wie in Teil 1 beschrieben. Malte, der Braukater, hat sich von der Richtigkeit der Angaben überzeugt und darauf gewartet, dass die kackende Taube endlich in Sprungweite flattert. Aber das ist genauso illusorisch wie es stimmt, dass Stubby Brewers Invert eigens für diesen Verschnitt gemacht hat. Der Invertzucker war einfach übrig. Außerdem ist es bei Hobbybrauern ja so, dass man nach fünf gleichen Suden einfach mal was neues probieren möchte:
Karamellblend mit Blackstrap für je 1 l
Sirup | EBC | Invertsirup (g) | Blackstrap (g) |
---|---|---|---|
Brewers Invert No. 1 | 25 | 990 | 10 |
Brewers Invert No. 2 | 65 | 978 | 22 |
Brewers Invert No. 3 | 135 | 956 | 44 |
Black Invert | 350 | 882 | 116 |
Brewers Invert No. 4 | 600 | 800 | 200 |
Brown Ales, Milk Stouts, Old Ales und Belgian Dark Ales. Strong Ales natürlich – Stubby geht’s da wie Angela Merkel und sagt dazu Neuland.
Dass Vorgehen ist herzlich einfach. Einen Teil X vom Brewers Invert nehmen und einen Teil Y von Blackstrap hinzufügen, sanft erhitzen, fertig. Natürlich kann man auch mit Molasse arbeiten. Diese ist weniger farbintensiv und mineralisch.
Im Gegensatz zu Invertsirup oder belgischem Kandissirup erhält man mit kleinen Proben vorab von Beginn an einen genauen Eindruck über das finale Aroma. Stubby sagt Cheers und Malte? Der hat die ganz anderen Aromen von Tauben im Sinn.
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