Alles auf Zucker
Invertzucker selbst gemacht – Brausirup Teil 1
Demerara-Zucker, Kandis-Zucker, Muscovado-Zucker. Zucker ist in Bieren, jenseits des Deutschen Reinheitsgebotes, gang und gäbe, trägt er doch einzigartige Aromen ein. Rosine, Pflaumen, Vanille, Zimt – die Geschmackskomponenten sind vielfältig.
Brauzucker selber machen ist leichter als gedacht. Es ist kein zeitraubendes „Hobby im Hobby“. Einfacher Haushaltszucker, ein Zuckerthermometer, Hirschhornsalz oder Hefenahrung und ein Topf, damit lassen sich ohne große Investitionen gute, erst Ergebnisse erzielen. Überteuerter amerikanischer Sirup oder belgischer Braukandis aus dem Braushop ist Luxus. Nett zu haben, aber kein Must Have. Die Lösung heißt Invertzucker. Und noch besser: Hefe liebt Invertzucker.
Die Herstellung von Invertzucker geschieht üblicherweise durch das Enzym Invertase bei niedriger Temperatur. Mit Säure ist es ein Lifehack bei höherer Temperatur. So einfach ist das! Invertzucker für Hobbybrauer ist mit einer Säure aufgeschlossener Einfachzucker. Wenn er zu Süßigkeiten wie Schokoladengarnache, Karamellbonbons und Toffee hinzugefügt wird, verhindert er, dass andere Zuckerarten kristallisieren. In Sorbet und Eiscreme eingearbeitet, liefert er eine glatte, cremige Textur. Von Natur aus hygroskopisch, absorbiert er Feuchtigkeit und verlängert die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Und er macht ein tolles Bier. Malte verwendet alle möglichen Zuckerarten generell für seine Briten, aber auch sehr gerne für IPAs, um sie besser auszubalancieren, für Imperial Stouts, um deren Mächtigkeit schlanker zu machen.
Belgische Zucker setzen übrigens statt Säure auf Lauge. Wir aber beginnen erst einmal mit Säure und konzentrieren uns auf die Insel.
Wichtig zu unterscheiden (so ganz allgemein):
- Invertzucker/Brewers Invert wird mit Säure gemacht. Er ist der Engländer der Brausirups. Die helle Variante trägt keine Aromen ein und macht das Bier trockener. Die dunkle Variante trägt Karamellaromen ein. Mit höherer Temperatur oder längerer Zeit nimmt die Färbung zu. Eine zusätzliche Ammoiniumquelle wie Hefenahrung oder Hirschhornsalz verkürzt die Reaktionszeit. Der Brewer’s Invert genannte Brausirup ist auch geeignet für belgische, vornehmlich aber englische und amerikanische Bierstile. ⇒ Teil 1
- Kandissirup/Candi Syrup wird mit Lauge und Kalk gemacht. Er ist der Belgier der Brausirups. Ziel ist eine forciercte Maillard-Reaktion durch Temperatur + Zucker + Protein. Ein hoher pH-Wert von 9 – 11 und eine zusätzliche Ammoiniumquelle wie Diammoniumphosphat (DAP), Hefenahrung oder Hirschhornsalz begünstigen diese. Der Unterschied ist ein stärkerer Eigengeschmack mit Röstaromen wie gemahlener Kaffee, dunkles Steinobst und geröstetes Brot. Er ist geeignet für dunkle belgische Bierstile wie Dubbel, Quadrupel. ⇒ Teil 2
- Molassesirup/Blackstrap wird als Blend aus Invertzucker und Molasse gemacht. Er ist der Kreative der Brausirups. Molasse trägt einzigartige Aromen wie Lakritz ein. Durch die starke Färbung wird die Zeit zur Herstellung sowohl von englischem Brewers Invert als auch belgischem Candy Syrup deutlich verkürzt. Molassesirup ist geeignet für viele dunkle Bierstile. ⇒ Teil 3
Invertzucker ist chemisch gesehen Honig ähnlich. Normaler Haushaltszucker besteht aus dem Disaccharid Saccharose, Invertzucker besteht aus den Monosacchariden Glucose und Fructose. Diese beiden sind Hefes Liebling; sie müssen nicht so hart arbeiten muss, um das Zuckermolekül zu verdauen. Hefen schätzen eben auch Word-Life-Balance. Die Maillard-Reaktionen, die bei der Herstellung von Zuckersirupen ablaufen, können im Bier Wunderbares bewirken. Die satten Nuancen belgischer Dubbels und dunkler starker Ales haben oft mehr mit tief gefärbten Zuckern als mit Spezialmalzen zu tun.
Gut zu wissen ist, dass viele Prozesse bei der Sirupherstellung parallel ablaufen. Invertierung, Karamellisierung, Maillard-Reaktion lassen sich kaum trennen. Zuerst hat die Herstellung in England und Belgien sehr viel mit den Traditionen der eigenen Bierkultur zu tun, weniger mit chemischer Rechthaberei. Die war den Braumeistern früherer Tage völlig schnurz. Zugegeben, letztere macht den kleinen Unterschied aus.
Invertzucker hat im Vergleich zu anderen Zuckersorten einen etwas weicheren, milderen Geschmack. Invertzuckersirup, der aus Rohrzucker hergestellt wird, ist besonders förderlich für britische Bierstile. Biere, die mit diesem Zucker hergestellt werden, scheinen trocken und sauber abzuschließen. Und sie entwickeln oft einen subtilen fruchtigen, sirupartigen Abgang, der mit anderen Zutaten nur schwer zu erzielen ist.
Um es klar zu sagen: Braukaramell und Invertsirup sind nicht dasselbe. Mit Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle lassen sich wie bei den kommerziellen Angeboten Invertzucker-Sirupe in einer Reihe von Farben und Geschmacksrichtungen herstellen.
Säure und Karamellisierung
Ohne Säure wird nur der Karamellisierungsgrad manipuliert, von klarem Weiß bis zum tiefsten schwarzbraunen Karamell. Mit Säure laufen bei Prozesse parallel ab, wobei die Karamellisierung mit der Temperatur steigt. Allein das Erhitzen von Zuckersirup kann ein so dunkles Karamell ergeben, dass eine Inversion nicht unbedingt notwendig ist.
Die Inversion hat einen entscheidenden Vorteil: Im Gegensatz zu Karamell kristallisiert invertierter Zucker so gut wie nicht. Die Inversion oder Säurehydrolyse ist mit einem sehr geringen Anteil einer Säure in Lebensmittelqualität einfach durchzuführen, und theoretisch gilt: Je weniger zusätzliche Arbeit Hefen während der Gärung leisten müssen, desto gesünder werden sie sein. Glückliche Hefe macht besseres Bier.
Beim Inversionsverfahren wird in Wasser gelöster Zucker mit einer kleinen Menge Säure versetzt. Für klaren Invertsirup, also des Briten Liebling, nimmt man puren weißen Kristallzucker. Einfacher Kristallzucker neigt dazu sich im Bier zu versenden, es wird alkoholischer, der Abgang trockener, das Gaumengefühl frischer. Mithin ist diese Variante erste Wahl wie für britische Ales und englische IPAs, wo Karamell, dunkler Rum und Rosineneigenschaften – Vorsicht Exkurs: Belgiers Lieblinge –unerwünscht sind. Das klare Zeug ist wahrscheinlich auch die Wahl des Konditors und Bäckers. Maltes Wahl ist das auch. IPA und Saisons sind seine Lieblinge mit diesem Zeugs, die dunklen Varianten folgen später.
Je nach Bierstil
Um Unglücke wie eine überschäumende Zuckerlösung zu vermeiden, empfiehlt sich eine Kasserolle mit hohem Schüttrand. In diese legt man einen halben Liter heißes, abgekochtes Wasser oder Osmosewasser vor. Nun rührt man 1 kg Kristallzucker ein und erwärmt alles unter Rühren vorsichtig. Die Lösung ist anfangs trüb, klärt sich aber binnen weniger Minuten. Das ist dann der richtige Zeitpunkt für die Säuregabe. 1/4 Teelöffel entsprechend 1 g Säure wie Weinstein (Kaliumbitartrat), Zitronensäure oder sogar Ascorbinsäure (Vitamin C).
Viele Brauer, auch Malte, bevorzugen Milchsäure 80 %. Sie schmeckt weniger durch als etwa Zitronensäure; 3ml, etwas mehr als ein halber Teelöffel, genügen vollauf. Die Lösung wird nun bis 114 °C langsam erhitzt. Langsam, um Maillard-Reaktionen zu minimieren, die sonst Farbe und Geschmack im Sirup entwickeln würden. Nun noch eine Messerspitze entsprechend 1g Hirschhornsalz aus den Resten der Weihnachtsbäckerei als Ammoniumquelle dazugeben. Das beschleunigt den Farbumschlag. Genau so gut ist Hefenahrung.
Diese Prozesseschritte haben sich bewährt: Erstens löst sich Zucker im warmen Wasser besser, zweitens schäumt die Säure bei späterer Zugabe unterhalb der Inversionstemperatur von 114 °C weniger auf. Einmal invertiert, kann dieser helle Sirup monatelang gelagert werden.
Wer einen neutral schmeckenden Sirup mit einer dunkleren Farbe möchte, muss die Zeiten nach folgender Tabelle bei 114 °C einfach verlängern; auf speziellen Thermometern steht dafür der Begriff „soft ball“. Bei gleichbleibender Temperatur dunkelt Invertzucker mit abnehmendem Wassergehalt nach:
Ungefähre Zeitangaben:
- Nr. 0: hellgelb-orange -> höchstens 20 Minuten
- Nr. 1: honigfarben-bernstein -> mindestens 20min, aber nicht viel länger, sonst dunkelt die Farbe stark nach. Zeit ist lediglich dazu da, die Inversion zu vervollständigen.
- Nr. 2: bernsteinfarben-bronze -> insgesamt 90-120 min
- Nr. 3: bronzefarben-rotbraun -> insgesamt 150-210 min
Die Zeiten für Nr. 2/Nr. 3 sind ungefähre Angaben. Es hängt viel von Wassergehalt, Herd und sofort ab. Ausprobieren. So ist es eine gute Idee periodische Farbmuster in 10-minütigen Abständen zu entnehmen. Die Proben legt man auf weiße Teller und vergleicht sie mit EBC-Diagrammen. Nicht wundern: Beim Abkühlen wird der Sirup 4-6 EBC dunkler.
Wer mehr Geschmack wagen will, geht in die Temperatur. Dazu folgend mehr.
Mehr Geschmack wagen
Wer etwas mehr Geschmack und Farbe wünscht, dem stehen mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Am einfachsten ist es, den Vorgang mit Rohrohrzucker oder ein Mischung daraus zu wiederholen. Von Anfang an lässt sich hier eine leichte Bräunung des Sirups feststellen; diese dunkelt weiter nach.
Variante 2: Lässt man den Sirup weiter kochen, ohne die Temperatur zu regeln, steigt diese immer schneller an, Wasser verdampft, der Sirup karamellisiert zunehmend, entwickeln Rosinen- oder Pflaumenaromen. Nähert sich der Sirup schließlich dem „Hard-Crack“-Bereich bei 149-154 ° C an, erreicht er einen tiefen, dunkelroten, kolabraunen Farbton. Rosine, Toffee und Co. intensivieren sich.
Zuckerkonzentration je Temperatur:
- Thread: 106 °C bis 112 °C | Zuckerkonzentration 80 %, Invertierung setzt ein, Brewer’s Invert Nr. 0
- Soft Ball: 112 °C bis 116 °C | Zuckerkonzentration 85 %, hell Farbe, Brewer’s Invert Nr.0 bis Nr.1
- Hard Ball: 121 °C bis 130 °C | Zuckerkonzentration 92 %, Brewer’s Invert Nr. 1
- Soft Crack: 132 °C bis 143 °C | Zuckerkonzentration 95 %, Brewer’s Invert Nr. 1 bis Nr. 2
- Hard Crack: 149 °C bis 154 °C | Zuckerkonzentration 99 %, Brewer’s Invert Nr. 2 bis Nr. 3
→ Bei Herstellung in größeren Höhen ist alle angefangene 300 Meter je 1 °C abzuziehen.
→ Brewers Invert Nr. 2 und Nr. 3 sollte vor dem Abfüllen etwas verdünnt werden.
Kritischer Moment
Der Hard Crack ist ein kritischer Punkt, denn der Sirup wird bei nur einem Grad mehr verbrennen. Bevor man dort ankommt, sollte das Temperaturniveau bei 149 ° C gehalten werden. Entsprechende Zuckerthermometer wie im Bild oben haben dafür Markierungen. Es kann sogar ein Hauch von verbranntem Zucker in Richtung des oberen Bereichs auftreten. Dies ist das äußerste Ende der Farbskala für den Sirup mit gegebenen Mitteln. (Brewer’s Invert No. 4, eine noch dunklere, dritte Variante, wird ein eigenes Thema sein.)
Britische Brauereien sortierten ihre Invertsirupe traditionell in drei Nuancen. Dies hindert aber niemand daran, alle weiter erdenklichen Variationen herzustellen. Allen diesen Sirupen gemein ist: Jeder wird einzigartige und interessante Geschmacksrichtungen und Aromen zum Bierrezept beitragen, so dass es sich lohnt mit verschiedenen Kombinationen im Bier zu experimentieren.
Best Practice:
- Bei einer Temperatur von 127 °C bis 135 °C lässt sich die Farbgebung am besten steuern.
- Die Farbe ändert sich allmählich von klar zu hell bernsteinfarben zu tiefrot.
- Für Brewer’s Invert Temperatur langsam erhöhen, schnell forciert die Karamellisierung
- Für die Farbe Gelb-Amber (Brewer’s Invert Nr. 1) empfiehlt sich der Bereich zwischen Hard Ball und Soft Crack: 15 Minuten halten
- Für die Farbe Tiefrot-Braun (Brewers Invert Nr. 2 bis Nr. 3) empfiehlt sich der Bereich zwischen Hard Ball und Soft Crack: dies kann mehrere Stunden dauern.
- Wenn der Sirup die gewünschte Farbe hat, Temperatur bis zum Hard Crack auf 150 °C erhöhen und sofort vom Herd nehmen.
Vorsicht: Verpuffungsgefahr
Wenn die gewünschte Farbe erreicht ist, schaltet man den Herd aus und lässt den Sirup bei Zimmertemperatur ohne weitere Aktionen abkühlen. Je nachdem was man gerade fabriziert hat, ist es entweder ein schwerer Sirup geworden oder ein zähes, Toffee-ähhnliches Bonbon, das Gefahr läuft steinhart zu werden. Bevor steinharte Bonbons den Brauer am Brautag zur Verzweiflung bringen, kann man vor dem Erkalten den Sirup wieder mit etwas Wasser verdünnen. Auf keinen Fall darf man das aber unmittelbar nach dem Abschalten des Herdes machen – es besteht zu diesem Zeitpunkt höchste Verpuffungsgefahr: das Wasser explodiert und verdampft sofort. Üble Verbrennungen sind die Folge. Wer verdünnen möchte, wartet ab, bis der der Sirup auf unter 100 °C abgekühlt ist und verdünnt erst dann!
Ein derart verdünnter Brausirup hat gerade mal einen Wasseranteil von 25 %. Brausirup wird wie Brauzucker nicht per Volumenprozent sondern nach Gewichtsprozent berechnet, das ist wichtig für die Stammwürze. Näherungsweise lässt sich der Zuckeranteil im Sirup mit dem Anfangs- und Endgewicht berechnen – es verdampft nur Wasser. Wer es ganz genau haben will, berücksichtigt noch die Gewichtszunahme des um ein Wassermolekühl schwereren Invertzuckers, wie es manch Chemiker unter den Hobbybrauern empfiehlt.
Danke für den tollen Bericht. Genau so eine Anleitung und Erklärung habe ich schon verzweifelt gesucht. Ich bin schon ganz heiß darauf meinen ersten richtigen Brewer’s Invert sowie Brausugar herzustellen.
VG Christian Becker
Es ist vollbracht! Ich habe mittels der tollen Anleitung einen 1a Brau Sirup hergestellt! Er duftet wunderbar und schmeckt fantastisch nach Brotkruste, Karamell etc. Ich bin hochzufrieden mit dem Ergebnis. Es ist auch gar nicht so schwer gewesen wie ich zuerst geglaubt hatte. ???
Das freut mich. In einem anderen Kommentar hast Du erwähnt, dass Du keinen Brewer’s Invert, sondern einen Belgian Sirup machen willst. Die Infos dazu stehen hier. Es gibt da geschmackliche Unterschiede. So geht einem Brewer’s Invert das Maillard-Aroma ab, das kann willkommen sein, wenn man das Bier schlanker, ohne zusätzliche Aromen machen will. Den typischen Belgier-Geschmack auf Anhieb zu treffen, verbunden mit der richtigen Konsistenz (über Probleme hättest Du sonst berichtet), ist nicht ohne. Kompliment und viel Spaß beim Einsatz in einem Belgier.
Herzlichen Dank für diese tolle Site! Informativ, spannend und gut gemacht!
Was ergibt eine Pflaumennote? Ist es die Verwendung von Rohrohrzucker, oder ist es der Weg über SIrup weiter kochen (Variante 2)? Und würde ich bei Variante 2 puren weissen Kristallzucker nehmen? Und wie lange müsste ich die Temperatur bei 149Grad halten?
Danke für das Lob!
Pflaumen- und Rosinennoten finden sich sowohl in Brewer’s Invert als auch Belgian Candy Syrup. Es ist wohl eine Kombination aus der Maillard-Reaktion bei etwa 140 °C – bei der Aminosäuren mit reduzierenden Zuckern reagieren – und Mineralien wie Eisen, Magnesium, Calcium und Phosphor, die sich besonders in unraffiniertem Zucker befinden. Dies ist auch der Grund, warum unraffinierte Zucker wie Demerara oder Muscovado mehr Eigengeschmack eintragen. Gleiches gilt für echten, unraffineirten Rübenzucker, der in Deutschland vornehmlich als Tierfutterergänzung bei der Kälberaufzucht findet. Beide Rohzucker – der aus Zuckerrohr wie der aus Zuckerrüben – verfügen über einen höheren Melasseanteil von 2-3%, der zusätzliche Noten einträgt.
Eine Mischung aus 2/3 Haushaltzucker und 1/3 Rohrohrzucker sollte ein merkliches Pflaumenaroma produzieren. Natürlich geht auch 100% Rohrohrzucker – ich finde aber, dass dies nicht nötig ist.
Bei der belgischen Variante wird die Phosphorquelle künstlich hinzugefügt. Das kann Ammoniumdiphosphat sein, das Winzern als Hefenahrung dient, aber auch einfach Hefenahrung wie Nutrient aus dem Braushop, das noch zusätzliche Minerale besitzt. Die basische Reaktion beim belgischen Brausirup verstärkt das Aroma merklich, da hier mehr Aminosäuren freigesetzt werden. Beim Erhitzen folgt der Geruch von Pflaume und Rosinen unmittelbar nach dem zuerst unangenehmen Ammoniakgeruch. Negativ ist beim belgischen Brausirup, dass er dazu neigt auszukristallisieren und schwer die gewünschte Farbe bekommt. Diese Nachteile lassen sich aber ausgleichen:
1. Die Kristallisation kann durch die Gabe von Glukose abgemildert werden. Glukose kann man selber herstellen, indem man aus Traubenzucker und destilliertem Wasser eine Lösung vorher aufkocht
2. Die Farbe steuert man beim belgischen Brausirup über Anteile an Rohrohrzucker in der Zuckermischung; Melasse oder sogenannter Black Strap gibt einen zusätzlichen Lakritzgeschmack.
Brewer’s Invert No.3 ist meiner Meinung nach die beste Lösung nach Aufwand und Ergebnis, um Pflaumenaromen ins Bier einzutragen. Man sollte dabei aber nicht zu sparsam sein. 10% und mehr Anteil an der Gesamtschüttung darf es schon sein.
Zu den Malzen: Mit dunklen Röstmalzen sollte man bei der Schüttung dabei vorsichtig sein. Deren starke Aromen von Kaffee, Brot bis brenzlig überdecken schnell das zarte Rosinenaroma. Neben Special B haben noch dunkle Kristallmalze wie Crystal 90L und 120L Pflaumen- und Rosinenaromen. Man kann diese Geschichte also an einigen Ecken auf die Spitze treiben.
Geht es Dir ums Aroma, rieche beim Zuckerkochen permanent. Wenn der Geruch schwächer wird, abschalten und abfüllen. Eine genaue Zeitangabe kann man wegen verschiedener Faktoren nicht machen. Ausprobieren – hier ist Erfahrung Trumpf.
Danke für diese genaue Antwort! Ich freue mich sehr, das auszuprobieren. Sehr gerne lasse ich dir meine Erkenntnisse zukommen.
Vielen lieben Dank! Und nochmals, danke für diese Site.
Bin gerade dabei, den nächsten Sud konkret zu planen. Da kommt noch eine Frage auf, auf die ich gerade nichts befriedigendes auf dem weiten weiten Netz finde. Der Brewers Invert wird ja mitvergoren, gibt es hier eine Formel, anhand welcher ich berechnen kann, wie hoch die Stammwürze nach der Zugabe des Invert ist?
Die gibt es. Die wird aber nur einem Mathematiker etwas sagen. Zu finden ist diese in der Formelsammlung des Kleinen Brauhelfers v2 auf hobbybrauer.de. Du kannst Dir die Rechnerei aber auch ersparen, indem Du den Kleinen Brauhelfer heranziehst.
Wenn Du einen Brausirup machst, rechne mit einem Vergärungsgrad von 70-75%. Ich habe es bei mir genau ausgewogen und berechne Brewer’s Invert No.3 mit 74%. Mit diesen Werten kannst Du auch manuell den Anteil Stammwürze des Zuckers ausgehend von Deiner Schüttung berechnen.
Je dunkler der Sirup, desto zähflüssiger wird er – es sei denn, man verdünnt exakt auf den zuvor bestimmten Wert. Das geht mit 1l-Milchflaschen sehr einfach.
Da ich Belgian Sirup wegen der Kristallisation etwas starker verdünne, rechne ich dort mit 60%.
Abgekochtes Wasser, besser destilliertes, mindert unnötige Kristallisation.
Heute zum ersten Mal mit dem Invert experimentiert. Resultat sind 2 Flaschen a je ca. 1300g Invertsirup. Vorgehen und Zutaten in beiden Fällen gleich: 5dl destilliertes Wasser erhitzen, 500g Kristallzucker und 500g Rohrohrzucker zugeben, und sobald die Zuckermischung aufgelöst ist, 3ml Milchsäure zugeben.
Ab dann unterschiedlich: den ersten Invert langsam und bis 149Grad erhitzt, danach vom Herd genommen. Der zweite Invert wurde wesentlich schneller bis maximal 140Grad erhitzt. in beiden Fällen wurde mit 3dl Wasser verdünnt, sobald der Invert unter 100Grad gesunken ist.
Resultat: der erste Invert sehr dunkel, eindeutiges Karamellaroma, während der zweite Invert viel heller wurde (EBC wären es wohl gegen 25), und ein eindeutiges Dörrfruchtaroma hat, praktisch kein Karamell. Das scheint deine These mit der Reaktion bei 140Grad zu untermauern.
Freue mich sehr, dann den zweiten Invert zu verbrauen, da ich ja auf Pflaume und Rosinen aus bin.
Ich danke dir!
Hallo Stubby Hobbs,
da ich mich gern mal an belgische Biere wagen möchte, bin ich froh, deinen Blog gefunden zu haben. Sehr informativ, danke.
Ich verstehe jedoch den letzten Punkt unter Best Practice nicht: „Wenn der Sirup die gewünschte Farbe hat, Temperatur bis zum Hard Crack auf 150°C erhöhen und sofort vom Herd nehmen.“
Wenn ich mir bspw. einen Brewers Invert 0 bei 110°C koche, soll ich dann am Ende auf 150°C hochgehen, bevor ich ihn vom Herd nehme? Oder gilt das nur für Brewers Invert 3??
Grüße
Ralf
Hallo Ralf, sorry, da ist etwas im Review hängen geblieben.
Einfach gesagt, gilt das für Brewer’s Invert N°.3. Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren die gewünschte Farbe zu erreichen: Temperatur und Zeit.
Bei näherer Betrachtung ist es nur die Temperatur. Warum? Mit der Zeit verdampft Wasser und die Temperatur der Zuckermasse erhöht sich. Wasser wirkt offenkundig anfangs als Temperaturpuffer, der mit seiner Verdampfung abgesenkt wird. Das ist auch der Grund, warum man immer am Herd sein sollte.
Hi,
Hab die Anleitung genutzt und megaleckeren Karamell-Sirup hergestellt. nach dem Abkühlen hatte ich zwar erstmal ein Karamellbonbon, aber mit etwas Wasser und nochmal kurz erwärmen wurde es dann zum Sirup :)
Vielen Dank für die sehr ausführliche Anleitung. Als nächstes versuche ich mich an die Anleitung für den belgischen Kandissirup.
Liebe Grüße
Kabesuppe