Haka Campion

Eine Einführung in Neuseelands Aromen – Hopfen Teil 1
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Hopfenpflanze

Unter Heimbrauern gilt Neuseeland-Hopfen immer noch als Geheimtipp. Zwar ist bekannt, dass aus dem Kiwi-staat toller Hopfen kommt, doch wird dieser selten eingesetzt. Berührungsängste sind es weniger, die Motueka und Co. zu Exoten machen. Vielmehr sind es hohe Preise, schwierige Beschaffung, ungewöhnliche Geschmacksprofile. Sie fordern den Brauer seinen gewohnten Bierstil neu zu denken. Nicht umsonst fasst man die Geschmacksexotik Ozeaniens oft unter New World Style zusammen. Und verantwortlich dafür sind so fremd klingende Hopfennamen wie Motueka, Rakau, Wai-iti, Wakatu oder Waimea.

Lange Zeit waren Pacifica, Pacific Gem und Nelson Sauvin derart schwer erhältlich, dass Shops den Weiterverkauf untersagten. Die Konkurrenz sollte nicht zum Zug kommen. Ein exotischer Hopfen wie Pacific Gem im Bestand wird auch heute als Geschäftsvorteil herausgestellt. Die Knappheit ist zwar nicht mehr so gegeben wie in früheren Jahren, dafür kann man davon ausgehen, dass den Shops am Fortbestand einer Verknappung gelegen ist. Neuseelands Hopfen lässt sich unter all den anderen schon am Preisniveau blind bestimmen.

Der Geschmack von Schnee unter Palmen

Die meisten Kiwi-Hopfensorten werden in der Region Nelson im Norden der Südinsel kultiviert. Unweit der tasmanischen See und der neuseeländischen Südalpen ist ein weltweit einzigartiges Regionalklima gegeben: In Sichtweite von Palmen ragen schneebedeckte Gipfel, Gletscher unweit der Südsee in den Himmel. Salzige Meeresluft und Höhenklima. In stetigem Widerstreit tragen einzigartige Aromen und Geschmäcker in die Hopfensorten ein. Die Bedeutung von Terroir, also ortsgebundenen Eigenschaften, ist bei Hopfen Wein ähnlich. In Neuseeland ist dieser Einfluss so stark, dass aus europäischen oder amerikanischen Hopfensorten regelmäßig eigenständige Varietäten entstehen.

Jeder Kontinent, jedes Land hat bei Hopfen seinen sensorischen Schwerpunkt – das Anbaugebiet definiert den Geschmack. Britischer Hopfen ist für seine erdigen, würzigen Eigenschaften bekannt, während der europäische, vornehmlich deutsche, Edelhopfen für die grüne, kräuterartige Note geschätzt wird. Nordamerikanischer Hopfen liefert kräftige, lebhafte Zitrusnoten, und australischer Hopfen ist wegen seines fruchtig-tropischen Geschmacks beliebt.

Adieu dünne Plörre

Ohne Zweifel hängt die Hopfenvielfalt Neuseelands mit der entstehenden Craft-Beer-Szene Mitte der 80er-Jahre zusammen. Ähnlich wie in den USA waren viele Konsumenten den überall anzutreffenden dünnen, sehr hellen Bieren mit wenig Geschmack überdrüssig. Der Pionier Terry McCashin brach mit der ersten Craft-Brauerei die Einfalt von NZ Draught“ auf. 1981 wurde in Nelson die erste Craft-Beer-Brauerei gegründet, heute nicht ganz zufällig das Zentrum des neuseeländischen Hopfenanbaus.

Anders als in den USA haben Neuseelands Craft Brewer aber das Qualitätsbewusstsein für gutes Bier nachhaltig zum positiven verändert. Ob im großen Countdown, New World, Super Value oder im kleinen Four Square oder Dairy auf dem Land. Nahezu kein Supermarkt, in dem Craft Beer nicht prominent neben Industrieware steht. In großen Läden lagern Craft-Biere mit höherwertigen Weinen sogar in eigenen Kühlraumen.

Ozeanisches Terroir

Neuseeland setzt in Sachen Frucht und Komplexität, Ausdruck und Eigenständigkeit der pazifischen Scholle die Krone auf. Dies zeigt sich allein schon daran, dass es für fast keinen neuseeländischen Hopfen eine Ersatzsorte gibt. Das macht Abwandlungen, zugegebenermaßen, schwierig.

Neuseeland Südinsel Lake Wanaka

Von den sanften Gewürz- und Melonennoten des Motueka bis zum bitteren Green Bullet – jeder Bierstil kann mit den Sorten Neuseelands umgesetzt werden. Hindoch ergibt sich daraus immer ein eigenständiger, unverwechselbarer Geschmack, der frischer und stärker ist als vergleichbare Europäer.

Weißwein im Dschungel

Bestes Beispiel dafür ist Nelson Sauvin, den man ohne Übertreibung als König neuseeländischer Hopfen bezeichnen darf. Er hat die einzigartige Eigenschaft, die typische Fruchtigkeit eines Weißweins aus kühlen Breitengraden mit denen von Maracuja aus heißen, subtropischen Regionen zu kombinieren.

Als Universalhopfen ist er sowohl zur Erzeugung ausdrucksstarker, überwältigend fruchtiger Ales als auch subtiler, aber bitterer Lager geeignet. Oft wird Nelson Sauvin dabei mit einem Cabernet Sauvignon aus der Welt des Weines verglichen. Doch das trifft es nur bedingt. Eher ist dieser komplexe Hopfen mit einem Rueda aus der zentralspanischen Region um Valladolid zu vergleichen. Seine Säure ist deutlich weniger aggressiv und mehr ausgeglichen. Oft wird sie auch mit dem Aroma von Stachelbeere umschrieben. Dies ist besonders zutreffend, wenn Nelson Sauvin in der Vorderwürze und der Hopfung zur Mitte der Kochzeit eingesetzt wird.

Andy Deuchars und Renaissance Brewing in Blenheim

Nelson Sauvin ist Maltes Liebling. Stubby Hobbs hat Neuseeland während eines langen Aufenthalts nachhaltig geprägt. Und diese Prägung schlägt sich darin nieder, dass Stubby Hobbs viele Bierstile neuseeländisch interpretiert, weil ihn die Brauphilosophie von Meister Andy Deuchars von der Renaissance Brewery in Blenheim auf der Südinsel imponiert hat. Ist auch ein Leichtes – kein Craft-Brauer hat in Neuseeland mehr Preise abgeräumt.

Andy Deuchars Blenheim

Nach dem Treffen war der Camper voll mit Andys Bier und Stubby konnte sich durch das Land und seine Brauidee trinken. Manche dieser NZ-Rezepte wie das neue Eclectic IPA veröffentlich Stubby Hobbs hier auf der Site. Malte, der Braukater meint, das sei OK.

Deutsches Copy & Paste

Eine Konkurrenzsorte zu Nelson Sauvin gibt es nicht wirklich. Die Legende geht, dass die Neuzüchtung Hallertau Blanc als Ersatz entwickelt wurde. In diesem Sinne bleiben sich die Deutschen treu, dass sie wie bei Software Ideen gerne kopieren. Immerhin, auch diesen deutschen Hopfen zeichnet die seltene Weinnote aus. Die Meinungen darüber, ob das in der Praxis auch gelungen ist, klaffen indes auseinander.

Was sich festhalten lässt, ist dies: Früh im Kochprozess eingesetzt, entwickeln sich die Weinnoten von Nelson Sauvin stärker, dagegen die fruchtigeren Aromen besser bei der Spätgabe oder beim Hopfenstopfen. Verteilt über die Kochzeit eingesetzt, lässt sich mit diesem Hopfen eine wunderbare, weich nachklingende Komplexität erzeugen.